Sagenstark. Feuer in Gordevio

Feuer in Gordevio

Ich hätte es wissen müssen. Nach einer Grippe braucht der Körper Erholungszeit. Das braucht Geduld. Ich unternahm jedoch eine Sommerwanderung, kaum dass das Fieber weg war, vom Val Verzasca ins Valle Maggia. Viel zu spät brach ich in Lavertezzo auf. Die Luft glühte, und beim Aufstieg …weiterlesen

Sagenstark. Die Nebelkühe von Uri

Die Nebelkühe von Uri

Im Juli 2014 fuhr ich mit dem Rennrad von Linthal in Richtung Klausenpass. Auf dem Urnerboden stand der Nebel stockdick. Jemand schimpfte lauthals: «Sie Halunke! Sie haben meine Kühe und meine Tochter auf dem Gewissen.» Vor mir tauchten zwei Männer am Strassenrand auf. …weiterlesen

Sagenstark. Eine Sommernacht in Arbon

Eine Sommernacht in Arbon

Sein Knie schmerzte. Er verharrte an seiner Stelle im Hintergrund der Bühne und spielte die Gitarre. Auf dem erhöhten Podest war die Hitze weit drückender als vorne am Bühnenrand, wo manchmal ein Luftzug vom See her kam.
Aber er wollte durchhalten. …weiterlesen

Sagenstark | Topograph von Gansingen

Der Topograph von Gansingen

Am Silvesternachmittag 1899 wanderten Balzli und sein Vater vom Dorf Gansingen auf den Cheisacher. Der Weg lag gut gepolstert unter dem Laub des vergangenen Herbstes. Auf der Anhöhe erhob sich eine pyramidenförmige Holzkonstruktion. Balzli hatte diese schon öfter gesehen und wollte vom Vater wissen, was es damit auf sich habe. Der Vater wies auf einen Stein, der unter der Pyramide in den Boden gesetzt worden war. …weiterlesen

Sagenstark. Der Ball des Toten

Der Ball des Toten

Die Schuhspitzen von Herrn Randegger zeigten nach oben. Eine Frau im Totenzimmer sagte zu mir: «Kind, er ist jetzt im Himmel.» – Nein, sicher nicht, dachte ich. Der Randegger ist böse. Der kommt in die Hölle. …weiterlesen

Sagenstark. Mur vom Val Triazza

Der Mur vom Val Triazza ist erwacht

Es regnet Bindfäden, die Erde hat sich längst satt getrunken und muss weiter saufen. Wasserbäche sickern durch Dreck und Geröll und rinnen über die Nüstern des Murs, der lange Zeit im Erdinnern, zwischen Felsen begraben, ausgeharrt hat. Er riecht die sommerliche Luft im Wasser und schnaubt, denn er weiss, was das heisst. Er schlägt mit den Hufen aus, neigt seinen Kopf zur Seite und stösst seine Hörner durch die Erdmasse. …weiterlesen

Sagenstark. Die Hand des Franzosen

Die Hand des Franzosen

Oberhalb des Moores von Rothenthurm liegen einige Bauernhöfe am Hang, und in einem davon lebten vor langer Zeit eine Bäuerin und ihr Mann. Seit vielen Jahren drückte sie eine Last. Als die Franzosen im Land gewesen waren, also nach der Schlacht von 1798, war ein hungriger Franzose zu ihnen hochgeschlichen, ins Haus eingebrochen, und er hatte alles zusammengerafft, was er tragen konnte. Die Bäuerin und ihr Mann hatten sich gewehrt, dabei war der Franzose zu Tode gekommen. Also hatten sie ihn verscharrt.

Seither schaute im Winter eine hellgraue Hand aus dem Boden. …weiterlesen

Sagenstark. Der Garten beim Landesmuseum

Der Garten beim Landesmuseum

Ein Mädchen und ein Junge hatten bis in den frühen Morgen getanzt und warteten nun beim Landesmuseum auf den Zug. Durch ihre Schuhsohlen drang die Januarkälte. Das Mädchen trat in schnellem Rhythmus von einem Fuss auf den nächsten, dabei blickte es auf die nahe Kreuzung. Vereinzelt fuhren Autos vorbei und blendeten es mit den Scheinwerfern. Es mochte diese kurzen Augenblicke der Blindheit.

Der Junge bückte sich. «Eine Brille, schau!» Beim Versuch, sie aus den Ästen eines Busches zu lösen, stach er sich. Mit einem leisen Fluch zog er seine Hand zurück und rieb sich Daumen und Zeigefinger, dann versuchte er es noch einmal. Als er es geschafft hatte, schob er die Brille dem Mädchen vorsichtig auf den Nasenrücken. Das Mädchen schaute den Jungen erwartungsvoll an, dessen schön geschwungene Lippen so nah waren, dass es die Wärme fühlen konnte.

«Passt», sagte er.

Das Mädchen errötete. Es reckte das Gesicht zu ihm empor und schloss dabei die Augen. …weiterlesen

Sagenstark. Das Rufchen. Stiefel.

Das Rufchen

Im Jura erscheint manchmal auf Weiden oberhalb von steilen, baumbewachsenen Hängen das Rufchen. Menschen, die Gutes im Sinne haben, hilft es. Wenn sie sich verirrt haben, zeigt es ihnen den sicheren Heimweg. Menschen mit schlechtem Lebenswandel hingegen sollten sich davor hüten, dem Rufchen zu folgen. Denn wer allzu neugierig ist oder es fangen will, kann leicht mit dem Leben bezahlen. Schon viele sind in ihrem gierigen Bestreben über eine Felswand hinunter zu Tode gestürzt.

Ein junger Mann aus Court dachte oft an Hélène aus der nahen Stadt. …weiterlesen

Die Elfe vom Heimatlosenplatz

Die Elfe vom Heimatlosenplatz

Wenn die Anwiler, Kienberger und Wittnauer vor mehr als hundert Jahren vom Heimatlosenplatz sprachen – was weiss Gott nicht oft vorkam –, dann meinten sie ein Stück Land, das zwischen ihren Dörfern lag. Es war eigentlich gar kein Platz, sondern ein steiler, bewaldeter Hang. Brombeeren und anderes Gestrüpp wucherten am Boden und man brauchte einen Gertel, um sich einen Weg freizuschlagen. Man hätte den Platz auch den vergessenen Ort nennen können, denn bei der Ziehung der Kantonsgrenzen hatten die Behörden das Land schlicht und einfach übrig gelassen. Auf der Karte lag es als ein kleines, ungleichseitiges Dreieck zwischen den Kantonen Aargau, Baselland und Solothurn. …weiterlesen