«Gewisse Sagenmotive tauchen in verschiedenen Gegenden und zu verschiedenen Zeiten immer wieder auf. Beim Lesen Eurer Franzosen-Sage ist mir eine Hägglinger Sage in den Sinn gekommen: Der Franzosenmord in der Igelweid. Sie liegt dem Stück «Emmetfeld» zugrunde (Autor: Paul Steinmann), das ich zur Zeit in Hägglingen inszeniere.»
Adi Meyer, 17. Februar 2016
Franzosenmord in der Igelweid
Ein französischer Soldat war auf dem Weg zum Truppensammelplatz in Lenzburg. Vom Reusstal her überquerte er den Wagenrain und wandte sich dem Maiengrün zu. Hungrig und müde gelangte er in den Weiler Igelweid. Durch eine offene Küchentür sah er eine Bäuerin, die eben das Abendbrot bereitete. Es überkam ihn die Lust nach gutem Essen, und die junge Frau gefiel ihm auch. Er trat in die Küche, warf die Türe zu und näherte sich der Bäuerin. Die schrie ängstlich auf.
Ihr Mann Adam, der gerade vom Feld heimgekehrt, hängte seine Sense an die Scheunenwand. Er hörte den Schrei seiner Ehefrau. Unsichere Zeiten gewohnt, griff er nach der Axt, die an der Mauer lehnte. Als er den Soldaten sah, der nach seiner Frau fassen wollte, packte ihn die Wut. Er schlug auf den Franzosen ein, der tot zu Boden sank.
In der Nacht verscharrte er die Leiche im Wald des Hanenberges. Niemand hatte den Vorfall bemerkt. Nur seine Frau und sein Beichtvater wussten von dem Totschlag. Jahre später zeigte er auf einem Spaziergang seinem Enkel den Tatort.
aus: Geissmann, Josef, John Andrea, und Heinz Erismann. Menschen, Geister, Fabeltiere. Aargauer Sagen, Anekdoten und historische Texte. Aarau: AT Verlag, 1991.